30. Jul 2022
In der Bibel begegnen wir dem Thema Flucht, Vertreibung und Migration. Sie enthält in beispielloser Weise Anweisungen, Gebote und Gesetze, die den Umgang mit dem Fremden betreffen. Und diese sind durchweg so, dass sie den Fremdling schützen, ihm helfen, ihn einbinden. Mit der Veranstaltungsreihe „All together now“ für Geflüchtete aus aller Welt und aktuell mit Spenden, Kollekten und praktischen Hilfen für die Menschen, die vor Putin’s Krieg aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, setzt die ev.-reformierte Liebfrauengemeinde diese biblischen Forderungen in praktische Taten um.
Anfang Juli erreichte uns die Anfrage, ob wir einer sich gründenden ukrainisch-orthodoxen Gemeinde ermöglichen könnten, ihre Gottesdienste in der Liebfrauenkirche zu feiern. Das Für und Wider haben wir im Presbyterium diskutiert und vier Presbyter beauftragt, die Rahmenbedingungen mit dem Erzpriester Yevhen Petrenko und weiteren Vertretern seiner Gemeinde festzulegen. Der erst 32-jährige sympathische Erzpriester konnte mit seiner Frau und drei Kindern unter unvorstellbaren Umständen vor Putin’s Bombenhagel fliehen und wurde vom Oberhaupt der ukrainisch-orthodoxen Kirche in Kiew, dem Metropoliten Onufrij, beauftragt, eine Gemeinde in Sachsen-Anhalt aufzubauen.
Für die „Eingewöhnungsphase“ haben wir uns darauf verständigt, jeweils Samstagvormittag zwei ukrainisch-orthodoxe Gottesdienste im Monat in der Taufkapelle zu feiern, parallel dazu Kindergottesdienst im Gemeinderaum, anschließend dort Seelsorge, Tee etc. Zusätzlich einmal wöchentlich (Mittwoch- oder Donnerstagnachmittag) Andacht in der Taufkapelle.
Und am 30. Juli 2022 war der große Tag des ersten ukrainisch-orthodoxen Gottesdienstes in Sachsen-Anhalt. Statt der erwarteten 20 bis 30 kamen 50 Gottesdienstbesucherinnen und -besucher – und es war bewegend zu erfahren, mit welcher Freude und Dankbarkeit die ukrainisch-orthodoxen Christen ihren ersten Gottesdienst in der Fremde feierten. Wir sind froh, dass unsere Liebfrauengemeinde den geflüchteten Menschen in ihrer seelischen Not ein schützendes Dach bieten kann, um eine christliche Gemeinschaft aufzubauen, von der auch wir viel lernen werden.
Professor Joachim Schiemann
Vorsitzender des Presbyteriums
E-Mail von Erzpriester Petrenko
„Sehr geehrter Herr Schiemann,
ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Hilfe und Sorge um die Ukrainer. Für mich persönlich, aber auch für unsere Flüchtlinge ist es sehr wichtig und wertvoll, dass wir die Möglichkeit haben, so zu beten, wie wir es aus unserer Heimat gewohnt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Yevhen Petrenko.“