Ostern in dieser Zeit

29. Mär 2024

Was geht mich das an? Bin ich das oder ist das ein fernes Feuerwerk von alten Überlieferungen?

Eigentlich müsste man, um mit Ostern zurechtzukommen, einen Lehrgang oder ein Tutorial besuchen: Wo kommt das Fest her? Wie sind jüdische Wurzeln und „heidnische“ im heutigen christlichen (und mittlerweile wieder ziemlich unchristlichen) Fest miteinander verbunden? Was gibt es zu feiern? „Stimmen“ die Osterberichte der Bibel? 

Haben wir die Auferstehung, im 19. Jahrhundert als „Humbug“ öffentlich abgetan, sozusagen rechts überholt und sind wieder angekommen in Glaubenshaltungen, die sich im „Ungefähren“ bewegen, sich also zugutehalten, dass man manche Dinge zwischen Himmel und Erde nicht so genau wissen kann und man deswegen besser auch nicht genauer nachfragt? Und man sich dann am besten an das hält, was dem eigenen Denken und Empfinden am besten gerecht wird – und sei es das Wunder einer „Wiederauferstehung“, wie die christliche Besonderheit von Ostern manchmal mit einem Wort genannt wird? 

Und überhaupt: Um wen geht es eigentlich – um einen fremden Unbekannten, der vom Tod aufersteht, oder um mich? Die letzte Frage ist immer die entscheidende gewesen. Was geht mich das an? Bin ich das oder ist das ein fernes Feuerwerk von alten Überlieferungen? 

Ich rate dazu, nicht zu viel Beweiskraft im Osterfest zu suchen. Dass das Leben für Gottes Welt und Himmel gemacht ist, hat hier und heute wenig Anhaltspunkte. Und dass mich das unmittelbar betrifft, steht nirgendwo geschrieben. Ich kann mir den Beweis nicht von woanders zusammenreimen. 

Wenn ich in das Osterfest gehe – und ich tue das seit meiner Kindheit in einer Gläubigkeit, die ich nur zu Ostern kenne und die mich sonst übers Jahr auch gerne mal im Stich lässt – gehe ich in eine Wunderwelt, die erst einmal genauso aussieht wie die Welt vorher und nachher. Nur, jetzt ist Ostern. Eine einzelne, ganz neue Kerze strahlt in der dunklen Nacht. 

Um sechs Uhr läuten die Glocken. Jemand sagt zu mir: „Der Herr ist auferstanden!“ Wann gibt es das nochmal im Jahr, dass alle und alles um mich herum meinen geheimnisvollen Glauben so ernst nehmen, dass ich ihn nicht einwickeln und für mich behalten muss? Oder mir plausible Beweise mühsam zusammenklauben muss? Das ist Auferstehung bis heute, auch wenn das heilige Grab längst vergessen ist und das Kreuz auf Golgatha nicht mehr von sich reden macht. Auferstehung, dass ich glauben kann. Ohne nachzuforschen und nachzulesen und ohne klug genug dafür zu sein? 

Sicher: Ein paar Tage später muss ich wieder aushalten, dass die Nöte in der Nähe und Ferne nicht einfach abgeschaltet wurden, und ich soll immer noch gläubig sein. Geht eigentlich nicht. Und dann kann ich mich erinnern: Es war doch Ostern. Lebendigkeit aus den guten Worten und Lichtern des Osterfestes. Das geht nicht weg. Nur mit der Beweislage, das könnte jeden Tag von neuem schwierig werden. Aber das war es ganz am Anfang auch schon.

Christoph Carstens