Schulterblick und Rückspiegel

01. Mär 2024

Eine der Grundregeln im Straßenverkehr: Schulterblick und Rückspiegel. Ich muss wissen, was hinter mir passiert. Die Sicherheit im Straßenverkehr verlangt das.

Auch im übertragenen Sinne, im historischen Sinne, brauchen wir den Rückblick. Wir wollen verstehen, wie etwas geworden ist, warum es so geworden ist. Wir wollen wissen wo wir stehen. Menschen müssen sich vergewissern und dafür sind reflektierende Rückblicke von Bedeutung. So werden wir unsere Demokratie vor Anfeindung schützen und erhalten. So können sich Familien von dunklen Seiten ihrer Familiengeschichte befreien. In der jüdischen Tradition wird gelehrt: im Erinnern liegt neues Leben.

Das zum Rückblick. Jesus sagt im Spruch der kommenden Woche (ab 3. März 2024): „Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ Jesus provoziert damit Widerspruch. Den alten Strukturen sagt er den Kampf an. Neue Lebensmöglichkeiten mögen sich durchsetzen. Er provoziert Streitgespräche um Tradition und Moderne, um Bewahrung und Veränderung. 

Die Demokratie nimmt diese Form der friedlichen Auseinandersetzung auf. Es muss zwischen den gesellschaftspolitischen Polen verhandelt werden. Möglichst viele Menschen mit ihren Überzeugungen mögen sich in dieses Miteinanderreden einschalten. Am Ende steht der Kompromiss.

Jesus will uns davor bewahren, Vergangenes zu verklären. Wer verklärt was war, verkennt die Gegenwart. Zu meisternde Herausforderungen und innovative Möglichkeiten werden verstellt. Wenn ich im Schulterblick verharre, fahre ich gegen den Baum. Der Blick nach vorn, zeigt die Richtung an. Er lässt mich festhalten am Ziel und ausweichen, wenn nötig.

Das Reich Gottes hat Geschichte. Es ist eine Geschichte mit Zukunft. Rück- und Ausblick ist ein Weg, den Menschen gemeinsam gehen können. Menschliche Gemeinschaft ist die Grundlage für das kommunale Miteinander. Es lässt uns als Kommune wachsen und reifen und schenkt uns Aufmerksamkeit für das, was der Augenblick fordert. Der Augenblick fordert von mir den Einsatz für unser demokratisches Miteinander.

Hans Jaekel


Hans-Christoph Jaekel, Pädagogisch-diakonischer Vorstand der Evangelischen Stiftung Neinstedt

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