Katharinen-Kirche Neinstedt

04. Okt 2021

Am Samstag, den 2. Oktober war es endlich soweit! Nach vielen Jahren der Vorbereitung, des Nachdenkens und Planens feierte die Gemeinde in der Katharinenkirche in Neinstedt den Abschluss der Restaurierung ihres Kanzelaltars.
Es ist ein ungewöhnlicher Altar mit einer ungewöhnlichen Geschichte. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde das mittlere Retabel entfernt, um einen barocken Kanzelkorb anzubringen. Zur Kanzel hinauf führt eine Treppe mit Abbildungen des Kanzel- und Klöppelkrieges zu Neinstedt. Die gesamte Konstruktion war nicht mehr sicher. Die Treppe durfte schon lange nicht mehr betreten werden und an der Bemalung Figuren und Zierteile gab es viele Schadstellen und fehlende Teile. Die alte Kanzeluhr wartete im Archiv darauf, wieder an ihrem Platz montiert zu werden.
2018 wurde der Hallenser Diplomrestaurator Peter Schöne mit einer Bestandsanalyse und Kostenermittlung beauftragt. Auf dieser Grundlage erfolgte die Ausschreibung. Den Zuschlag bekam der Berliner Diplomrestaurator Dirk Jacob, der sich mit seiner Dresdner Kollegin Dipl.rest. Algis Wehrsich die Arbeiten teilte. Während der verschiedenen Arbeitsabschnitte in den vergangenen zwölf Monaten kamen öfter interessierte Gemeindeglieder vorbei, um den Fortschritt der Arbeiten anzuschauen. Die Kirchengemeinde ist folgenden Förderern dankbar: der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (15.000€), der Kirchlichen Stiftung Kunst- und Kulturgut (10.000€), der Deutschen Sparkassenstiftung (5000€) und natürlich ihren Gemeindegliedern und ehemaligen Neinstedtern, die großzügig spendeten. So war es möglich, den Eigenanteil in Höhe von 10.000€ aufzubringen.
Am Samstag versammelte sich eine fröhliche Festgemeinde. Während die Kinder draußen im Sonnenschein mithilfe von Umzugskartons, Farben und allerlei Bastelmaterial kreativ eigene Ideen von Kirche entwickelten, erläuterte der Restaurator Dirk Jacob seine Arbeit. Pfarrerin Heyser deutete einige Details der Darstellungen. Denn der Altar erzählt manche Geschichte vom Leben und Glauben seiner Stifter. Er verbindet die heutigen Kirchenbesucher*innen mit vielen Generationen von Menschen, die in dieser Kirche Gottesdienst gefeiert haben und die es zukünftig noch tun werden.
Auf drei der Altartafeln finden sich Portraits der Patronatsfamile von Hoym. Sie erzählen interessante Geschichten über ihre Zeit, ihr Leben und ihren Glauben. Auf der prächtigen grünen Samtdecke des Tisches im Schloss ausgebreitet liegen verschiedene Gegenstände. Sie erzählen über den Alltag und die Pflichten der Grafenfamilie. In der aufgeschlagenen Bibel können wir einen Vers aus Psalm 34 entziffern: „Ich will den Herrn loben allezeit“. Schreibzeug und Papier zeugen davon, dass der Hausherr lesen und schreiben konnte. Sanduhr, Gradmesser und Sternenglobus weisen ihn als einen an der Wissenschaft interessierten Menschen aus. Eine Bauernuhr, die als Kalender diente, zeigt seine Verantwortung für die Landwirtschaft und die Ernährung der Bevölkerung. Bibeltexte auf Papierstreifen und die aufgeschlagene Bibel weisen ihn als einen gottesfürchtigen Menschen aus. Durch die geöffneten Fenster schauen wir auf eine farbenfrohe Auferstehungs- und Himmelfahrtsszene. Christus ist Grund und Ziel ihres Lebens. Frau und Tochter sind für die Haushaltsdinge verantwortlich. Auf ihrer Seite liegen Obst, Stoffe, Garn und Schere, eine begonnene Handarbeit und ein Katechismus mit dem Vaterunser. Das junge Ehepaar, - Gerhard v. Hoym starb erst zweiunddreißigjährig -, hatte bereits drei Söhne begraben müssen. Von vier Kindern ist ihnen die Tochter geblieben.
Da die Katharinenkirche Neinstedt am Klosterwanderweg liegt, wird der Gemeindekirchenrat in den nächsten Monaten darüber beraten, wie diese einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

Kristin Heyser

Fotos: Michael Mendel

Die beiden Fotos in der Mitte zeigen den Apostel Andreas vor (oben) und nach (unten) der Restaurierung.