Barmherzige Samariter

09. Sep 2022

Sie sind nötig, um denen zu helfen, die unter die Räuber gefallen sind.

Immer mal wieder begegnen uns Fahrzeuge des ASB (Arbeiter-Samariter-Bund) auf unseren Straßen und nicht alle wissen, dass dieser Name der Bibel entnommen ist. Ein Mann fällt unter die Räuber und bleibt hilflos auf der Straße liegen. Zwei hauptamtliche kirchliche Mitarbeiter gehen eilig an ihm vorbei, unterwegs zu einem wichtigen beruflichen Termin. Nur ein Samariter erbarmt sich des Verletzten und hilft ihm.

Ein Samariter war damals kein anerkannter Vertreter eines Hilfsvereins, sondern ein Ausländer, ein verhasster Mischling. Und ausgerechnet von so einem wird geradezu liebevoll berichtet, wie er sich des Schutzbedürftigen annahm. Es jammerte ihn - der Anblick des Verwundeten ging ihm an die Nieren - bewegte ihn im Innersten - bewog ihn dazu, stehenzubleiben und sich um den Mann zu kümmern, Zeit und Geld zu geben - sich so ganz anders zu verhalten als die beiden Männer vor ihm.

Die wussten, dass sie erwartet und gebraucht wurden. Sie waren so beschäftigt mit dem, was vor ihnen stand, dass sie glatt übersehen haben, dass ihnen plötzlich ein Mensch zu Füßen lag, der sofort Hilfe brauchte.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die beiden bösartig waren - wahrscheinlich nur gedankenlos; von der Wichtigkeit ihrer Aufgabe so überzeugt, dass sie sich nicht ablenken lassen wollten. Es gibt viele Gründe - auch sogenannte gute Gründe - um schnell am Unglück anderer vorbeizugehen.

Jesus hat dieses Gleichnis einem Mann erzählt, der ihn gefragt hatte: Wer ist mein Nächster?
Das ist eine gute Frage, auch heute noch, wo verstärkt jeder sich selbst der Nächste ist; so jedenfalls wird es behauptet.

Da ist es zuviel verlangt, auch noch Zeit und Kraft und Mühe und vielleicht sogar Geld für andere aufzubringen, die es allein nicht packen. Unabhängig davon, ob sie das selbst verschuldet haben oder einfach die Kräfte nicht mehr reichen.

Es gibt zu viele von diesen Menschen, die halbtot am Wegesrand liegen. Am Wege finden wir diejenigen, deren Renten weniger steigen als die Lebenshaltungskosten; an der Lebens- und Arbeitsleistung von Menschen wird geraubt, wenn sie nicht anerkannt werden; Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, werden zu Sozialhilfeempfängern entwürdigt.

Es sind viele Barmherzige Samariter nötig, um denen zu helfen, die unter die Räuber gefallen sind.

Damals war der Samariter einer, den von den Wohlanständigen niemand mochte. Er war selbst ein Benachteiligter, ein Getretener. Als er den Halbtoten sah, hat er nicht gehandelt, wie es menschlich verständlich gewesen wäre. Er hat nicht gesagt: Mir hilft ja auch keiner; wer kümmert sich denn um mich? Er hat geholfen so gut er es vermochte.
Vielleicht, weil er besonders gut wusste wie das ist, wenn einer unter die Räuber fällt.

Menschen, die der Heilung und des Heils bedürfen, werden immer wieder unseren Weg kreuzen - und wir werden es auch immer wieder selber sein, die Heil und Heilung suchen. Dann wäre schön, wenn einer käme mit Öl und Wein - mit pflegendem Öl und reinigendem Wein - damit Leben gelingt.

Jesus zeigt uns, dass wir auf ihn und aufeinander angewiesen sind - gute Möglichkeiten haben, Leben zu bewahren und zu schützen und zu gestalten. Und er weist uns ausdrücklich darauf hin: Jede und jeder hat in sich die Anlagen zum Barmherzigen Samariter.

Ursula Meckel