„Schön, dass es mich gibt“

13. Jan 2023

Sich selbst zu lieben mag irgendwie kaum jemand zugeben. Es klingt so nach Selbstlob und Angeberei und peinlichem Stolz und gehört sich irgendwie nicht. Warum eigentlich?

Regelmäßig bekomme ich Prospekte für Werbeartikel. Letztens stutzte ich, denn da wurde ein Kugelschreiber angeboten mit dem Aufdruck: „Schön, dass es mich gibt!“ Natürlich glaubte ich, mich verlesen zu haben, aber es stimmte. Und warum eigentlich nicht?


In der Bibel heißt es und das wird oft zitiert: „Liebe deinen Nächsten“ aber nicht, dass der Satz weitergeht „wie dich selbst“.

Sich selbst zu lieben mag irgendwie kaum jemand zugeben. Es klingt so nach Selbstlob und Angeberei und peinlichem Stolz und gehört sich irgendwie nicht. Warum eigentlich?


Menschen, die sich selbst nicht lieben können, sind in der Regel auch nicht fähig, andere zu lieben. Ihnen fehlt Selbstvertrauen, vielleicht, weil sie nicht ausreichend Wertschätzung erfahren haben.

„Es gehört zu den größten und schönsten Dingen, die einem Menschen passieren können, wenn sie gesagt bekommen: „Du bist okay!“ „Du bist meine geliebte Tochter!“ „Du bist mein lieber Sohn!“,
Ein jedes Kind ist angewiesen auf solch ein Okay vom Vater und von der Mutter. Eltern können gar nicht oft genug sagen: „Ich bin so froh, dass es dich gibt!“ „Ich bin stolz auf dich!“ „Du bist ein tolles Mädchen, ein toller Junge!“ „Ich habe dich lieb!“ Manche warten noch als Erwachsene darauf und manchmal vergeblich.


Habe ich es als Kind, haben Sie es als Kind ausreichend oft gehört? Haben Sie es so oft als möglich gesagt zu Ihren eigenen Kindern? Sagen Sie es noch? Man kann das gar nicht oft genug sagen. Und gar nicht oft genug hören. Selbst noch als Erwachsene.

 
Oder leben Sie eher nach dem Motto: Nicht gemeckert ist genug gelobt!? Es muss schließlich einen Grund geben, etwas Vorzeigbares, auf das sich ein Lob bezieht? Ohne Fleiß kein Preis, Anerkennung muss verdient werden!?“

Ich glaube, alle Menschen brauchen positive und wertschätzende Botschaften, die andere uns sagen, um gut leben zu können. Auf diese Weise haben wir durch andere Menschen Anteil an der Freundlichkeit Gottes, am offenen Himmel über uns.
Und: Einer der weiß, dass er anderen zur Freude lebt, dem sieht man das an. Das lässt sich nicht verbergen, es wirkt sich aus auf das innere Gleichgewicht eines Menschen.

 
Trauen Sie sich, immer mal zu sagen: „Schön, dass es mich gibt.“ Ich habe jedenfalls 100 der Kugelschreiber gekauft und gerne verschenkt.

Ich mag einen Text von dem katholischen Pfarrer Petrus Ceelen, weil er zeigt, wie wir uns gegenseitig dabei ermutigen können:
Manche Menschen wissen nicht, wie wichtig es ist, dass sie da sind.
Manche Menschen wissen nicht, wie gut es ist, sie nur zu sehen.
Manche Menschen wissen nicht, wie tröstlich ihr gütiges Lächeln wirkt.
Manche Menschen wissen nicht, wie wohltuend ihre Nähe ist.
Manche Menschen wissen nicht, wieviel ärmer wir ohne sie wären.
Manche Menschen wissen nicht, dass sie ein Geschenk Gottes sind.
Sie wüssten es, würden wir es ihnen sagen.

Ursula Meckel
(mit Auszügen aus der Predigt im Einführungsgottesdienst von Superintendent Jürgen Schilling – siehe https://www.kirchenkreis-halberstadt.de/kk/meldungen/nachrichten/2020/II_2020_Mt-3-13-17_Epiphanias-1.n_Predigt-im-Einfuehrungsgottesdienst-als-Sup-in-HBS_A4.pdf )