Trotzdem

01. Aug 2020

Das Wort Trotzdem kann ein Wort des Glaubens sein. Ein Drehpunkt im Raum des Lebens. Die Angel an der Tür. Wenn ich die Tür dann öffne, sehe ich mehr und gehe los.

Das Wort Trotzdem kann ein Wort des Glaubens sein.
Ein Drehpunkt im Raum des Lebens. Die Angel an der Tür.
Wenn ich die Tür dann öffne, sehe ich mehr und gehe los.

Mit meinem Trotzdem ist meine Wandlung eingeleitet.
Ich setze mich Gott aus. Ich glaube an Gott; der kann mich wandeln.

In meinem Trotzdem klingt mein eigener Trotz an. Der gehört zu meiner eigenen emotionalen Kraft, durch die ich mich innerhalb einer scheinbar chancenlosen Wirklichkeit verhalten kann.

„Trotzdem“ ist der Titel eines Büchleins der jetzigen Pandemie-geprägten Zeit. Das Büchlein ist ein geschriebenes Gespräch Alexander Kluges mit Ferdinand von Schirach.
Trotz ihrer räumlichen Distanz von 800 Kilometer finden sie zusammen; sie nennen dies: Fern-Nähe eigener Art. Mit dem Trotzdem beginnt für sie das Schöpferische.
Die Wirklichkeit öffnet sich; Menschen lassen Utopie zu. Utopisches verändert das reale Leben, mindestens dann und wann.
Wurden nicht die Menschenrechte gerade in Sklaverei-Zeit formuliert?
Und sind nicht die sogenannten westlichen Werte wie Demokratie und Freiheit utopische Antworten auf rigides Gebaren europäischer Staaten?

Trotzdem. Oder: Jetzt gerade.
Mit diesen deutschen Wörtern ist ein hebräisches Wort aus dem 73. Psalm wiederzugeben. Da heißt es:

Trotzdem ist Gott gut für Israel und alle Menschen! Gott richtet mich auf.
Beinahe wären meine Füße ausgerutscht.
Denn wütend bin ich über manche Worte,
zornig bin ich über prahlende Rede.
Sehnlich wünsche ich mir Klarheit. Gott, von Dir.
Dass ich verstehe, was gewesen ist und dass ich betrachte, was kommen kann.
Dich, Gott, bitte ich herzlich um innere Kraft und Gleichgewicht.

Gott sei Dank kann ich mit dem, was mich umtreibt, vor Gott treten. Ärger oder Wut können Türöffner meiner Seele sein. Mit meinem Glaubenswort Trotzdem kann ich neu beginnen und meinen Willen bilden (lassen).
Aufmerksam dafür geworden, bemerke ich willensstarke Menschen und ausgesprochen eigenwillige Menschen. Ich versetze mich in deren Leben; ich stelle mir manche Widrigkeit vor und manche seelischen Kämpfe. Ich achte ihre Lebensleistung hoch: Bei ihrem Wort geblieben zu sein. Den Alltag bewältigt zu haben. Sich eine neue Existenz aufgebaut zu haben. Auszusprechen, was sie glauben. Und ich freue mich über Vorbilder.

Auch dieser Tag birgt eine Chance zur Willensbildung.

Hannah Becker