Die Maske fallen lassen

24. Jul 2020

Masken tragen: Was beim Fasching ein Spiel ist, das kann in der Realität eine große Last sein. Die Maske abnehmen und die Karten auf den Tisch legen wäre peinlich ...

Endlich kann ich das Ding abnehmen und wieder frei atmen. Die Maskenpflicht gilt zum Glück nicht mehr überall. Angenehm ist es nicht, das Tragen einer Maske. Aber ich weiß natürlich, dass es eine Hilfe ist, wenn es darum geht, andere und mich selbst zu schützen.

Aber es gibt Masken, die legt keiner so gern ab. Die gehören dazu, wenn wir mit anderen Menschen Kontakt aufnehmen. Sie schützen uns vor kritischen Blicken und verbergen unser wirkliches Wesen.

Man gibt sich glücklich, während tief drinnen ein verborgener Kummer schmerzt. Man zerbricht fast an der Überforderung im Beruf und tut doch alles, um kompetent und souverän zu wirken. Nach außen führt man eine harmonische Ehe. In Wirklichkeit hat man sich längst auseinander gelebt. Alles scheint in bester Ordnung. Nur manchmal erinnert das Gewissen an verborgene Schuld.

Masken tragen: Was beim Fasching ein Spiel ist, das kann in der Realität eine große Last sein. Die Maske abnehmen und die Karten auf den Tisch legen wäre peinlich, vielleicht sogar existenzbedrohend. Die Maske aufzulassen, bringt einen über kurz oder lang in Gefahr zu ersticken.

Wo kann ich ohne Angst meine Maske abnehmen? Nur dort, wo ich nicht verurteilt werde, wenn ich schutzlos dastehe. Wo man meine Schwachheit mit Güte und Geduld erträgt. Wo man mich nicht nach äußerlichen Kriterien beurteilt, sondern mir zeigt, dass ich als Person wertgeschätzt werde.

Auf diese Weise ist Jesus den Menschen begegnet. Er sah zuerst den Menschen und nicht seine religiöse oder moralische Leistung. Er sah die Menschen in ihrer inneren Zerbrochenheit. Er sah ihre Sehnsucht nach bedingungsloser Annahme und Liebe. Er sah, wie viele der Mangel an Liebe auf Abwege gebracht hatte. Er sah die verlorenen Söhne und Töchter und öffnete seine Arme für sie. Und die verlorenen Menschen kamen in Scharen und ließen vor ihm ihre Masken fallen.

Pfarrerin Ulrike Hackbeil