Novembernebel

23. Nov 2019

Wir durchwandern das Geheimnis der Welt, tastend und suchend und fragend.

Alles ist voller Nebel. Mancher freut sich darüber – endlich wieder diese besondere Stimmung! Nebelschwaden wie im Märchen. Die ganze Welt ist wie eingehüllt in ein Geheimnis. Alles erscheint schemenhaft. Ein Stück sehen wir, ein Stück ahnen wir, der Rest bleibt unsichtbar. Trotzdem gehen wir unsere Wege. Und je weiter wir gehen, desto mehr erkennen wir. Es löst sich immer gerade so viel auf, dass wir sicher unseren Fuß setzen können.
Das Leben ist ein Gang durch den Novembernebel. Wir planen ein Stück voraus, wir ahnen was kommen könnte, aber wir wissen es nicht. Wir sehen nicht, was hinter der nächsten Biegung ist und auch nicht, wann das Ende kommt. Wir durchwandern das Geheimnis der Welt, tastend und suchend und fragend.
Die Verstorbenen sind schon ein Stück weiter. Hinter ihnen hat sich die Nebelwand wieder geschlossen. Wir wüssten gern: Hören sie unsere Stimme? Freuen sie sich über die Blumen und das Gesteck? Warten sie schon auf uns? Und was werden wir sehen, wenn es einmal soweit ist?
Ich stelle mir vor, der Nebel wird sich öffnen, wenn wir nahe genug sind. Jetzt brauchen wir es noch nicht zu wissen. Dann aber werden wir sehen, was wir geglaubt haben. Wer an das Gute geglaubt hat, der wird das Gute sehen.
Wir wissen, wenn der Nebel sich endgültig auflöst, bleibt Sonnenschein. Hinter dem Unsichtbaren ist es hell. So stelle ich es mir vor, wenn wir ankommen. Gottes Licht, seine leuchtende Liebe. Das muss es sein. Bis dahin lasst uns selbst Lichter anzünden, in die Fenster stellen, auf die Gräber bringen und einander schenken. Auch das ist schon Licht von seinem Licht. Und hinter dem November wartet schon der Advent.
Ich wünsche Ihnen: Kommen Sie gut durch die neblige Zeit.

Arnulf Kaus