Rückkehr nach 430 Jahren

27. Apr 2022

Eine Bibel im Ostergottesdienst ist des Vermeldens wohl nicht wert. Doch in diesem Jahr sah die Gemeinde der Ditfurter Kirche St. Bonifatius ein ganz besonderes Exemplar. Das kehrte nach 430 Jahren wieder dorthin zurück. Johann Bethmann hatte sie „im Jahre 1592 am 2. Sonntag nach Trinitatis am 4. Juni präsentiert“, wie in dem schweren Buch, an dem der Zahn der Zeit und viele Holzwürmer genagt haben, geschrieben steht.

Der aktuelle Pfarrer Dr. Tobias Gruber erinnert sich an eine E-Mail kurz vor Weihnachten. Dr. Klaus Rupprecht, Leiter des Staatsarchivs Bamberg und Gemeindeglied der dortigen St. Matthäusgemeinde, sandte eine besondere Botschaft. Die Bamberger Gemeinde erhielt aus privater Hand eine alte Bibel geschenkt, der Inschrift nach gehört sie nach Ditfurt. Die Gemeinde im Vorharz reagiert freudig. Die Pfarrer-Handschrift in der Bibel legt lebendiges Zeugnis der Geschichte ab. So holten Jürgen Naumann und Hans-Jürgen Gröpke das Geschenk persönlich beim Bamberger Pfarrer Martin Schnurr ab und dankten ihm und seinem Kirchenvorstand dafür, dass das Buch „dorthin zurückkehren kann, wo es eindeutig herstammt.“

Wie das Buch nach Bamberg kam, lässt sich über die Jahrhunderte leider nicht verfolgen. Eine ältere Dame soll es zuletzt besessen haben, ihr Mann, ein Musiker habe es mitgebracht. Möglicherweise sei es vorher irgendwann aus Privathand in ein Antiquariat gelangt.

Pfarrer Dr. Tobias Gruber und Pfarrer i. R. Martin Kunze zeigten nun zu Ostern das wertvolle Stück und stoppten jegliche Euphorie. „Weder die klimatischen Bedingungen noch die Sicherheitsvorschriften lassen es zu, die Bibel hier vor Ort zu zeigen. Sie wird demnächst im Landeskirchenarchiv inventarisiert und nicht mehr so schnell öffentlich gezeigt.“

Martin Kunze weist auf die Spuren der Holzwürmer, die den Einband zerfressen haben und 20 Seiten förmlich teilten. „Katastrophal! Eigentlich ist kein Aufschlagen ohne Schaden möglich.“ Tobias Gruber zeigt den Buchdeckel, auf dem der Name Johann Bethmann und die Jahreszahl 1592 schwach zu erkennen sind. „Leider fehlen die Schließen.“ Pfarrer Gruber macht deutlich: „Es ist kein Schatz, der uns viel Reichtum bringt. Aber der symbolische Wert ist riesig. Es wird deutlich, auf welchem großen Fundament der Tradition wir als heutige Christen stehen.

Martin Kunze hat sich intensiv mit dem Bibel-Geschenk befasst. „Zu damaliger Zeit eine sehr moderne Bibel“, erläutert er. „Sie hat Erklärungen und Einschübe, so etwas wie Randglossen, die als Lehrtexte für Pfarrer und Hilfsgeistliche gedacht waren.“ Gruber vergleicht es mit den heutigen „Studienbibeln“ mit ihren Randverweisen.

Text und Fotos: Uwe Kraus


Ditfurt Bibel