Frieden auf Erden

25. Dez 2014

paix sur la terre, peace on earth, schalom

Kirchenmusikdirektor Claus-Erhard Heinrich und ein Auswahlchor der Halberstädter Kantorei gestaltete die festliche Christnacht im Halberstädter Dom. Superintendentin Angelika Zädow hielt die Predigt zum Thema "Frieden auf Erden" (siehe unten).

Während des weihnachtlichen exsultet erstrahlte die gotische Kathedrale nach und nach im Glanz des weitergegebenen Lichtes. Möge sich dieses Licht weiter verbreiten in Halberstadt und weit darüber hinaus.

Predigt von Superintendentin Angelika Zädow

Gnade sei mit euch von Gott, der in die Welt kam, damit Leben überall auf der Welt gelingen kann. Amen.

Liebe Gemeinde,

Frieden auf Erden.

Frieden - nichts als Frieden soll sein.

Das ist die Botschaft der Engel.

Das ist der Wunsch Gottes, den er durch seine Boten verkünden lässt.

Jedes Jahr erklingt diese Botschaft tausendfach am Heiligen Abend. Und Millionen Menschen überall auf der Welt hören sie. Immer wieder -  Jahr für Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt, Jahrhundert um Jahrhundert: Frieden auf Erden.

Am Heiligen Abend zieht es so viele in die Kirchen. Die Botschaft, dass Frieden möglich ist, stachelt die Sehnsucht nach gelingendem und glücklichem Leben an.  Vielleicht gerade trotz oder weil die Wirklichkeit oft anders ist. Wir alle haben in den letzten Wochen und Monaten die Nachrichten aus der Ukraine, aus Syrien, aus Israel und von den Terroranschlägen des sogenannten islamischen Staates verfolgt.

Wir alle erinnern uns in diesem Jahr auch in besonderer Weise an den ersten Weltkrieg, in dem Menschen unseres Landes begeistert „mit Gott“ in den Krieg zogen.

Frieden auf Erden -  lediglich schöne Utopie?

Gepflegt und ritualisiert einmal im Jahr unterm Tannenbaum?

Frieden auf Erden -  etwas für Träumer und Schwärmer?

Verhallt der Weihnachtsruf ohne Echo in den Jahrhunderten der Geschichte?

Gott sei Dank: nein, auch das erzählt uns die Geschichte.

Genau heute -  24. Dezember  vor 100 Jahren. Mitten in den Wirren des Krieges geschieht das Wunder des Weihnachtsfriedens.

Von keinem General befohlen, von keinem Unterhändler verhandelt, beginnen Soldaten beider Seiten, sich an die Botschaft vom Frieden zu erinnern.

Aus der Heimat waren Tannenbäume gekommen. Die wurden nun aus den Schützengräben gehoben. Andere zünden Kerzen an. Die ersten Weihnachtslieder klingen durch das Feld. Zaghaft und unbewaffnet gehen die „Feinde“ aufeinander zu. Kleine Geschenke werden gemacht - ein gemeinsamer Gottesdienst gefeiert. Dann sitzt man zusammen, erzählt sich von Weihnachten zu Hause, von der Familie und wünscht sich „merry christmas, Joyeux Noel -  Frohe Weihnachten!“

Das Unmögliche wurde möglich - für einige Tage und Wochen.

Wo Feindschaft befohlen war, gelang Begegnung.

Statt aufeinander schießen - miteinander sprechen,

an die Stelle des Kanonenfeuers trat das Licht von Kerzen.

Und das deshalb, weil Weihnachten in Herzen und Gedanken der verschiedenen Menschen tief verwurzelt war. Mit seinen Gebräuchen und Traditionen und mit dieser Botschaft: dass Frieden möglich ist, wenn viele das wollen und danach handeln.

Frieden auf Erden -  damals wurde das auf einmal Wirklichkeit, obwohl äußerlich alles dagegen sprach.

Wenn wir Jahr für Jahr zusammen kommen und die Geschichte von der Geburt Jesu hören, dann hören wir mit ihr ein Gegenbild gegen allen äußeren Schein.

Gott wird Mensch, geboren in bitterster Armut und Schwachheit.

Er - der Große und Mächtige wird klein und gering.

Genau dort – aus dieser Schwäche heraus, wächst etwas Neues, aus einer trockenen Wurzel sprosst eine kleine Blüte – wie der Prophet Jesaja sagt.

Das ist die Hoffnungsbotschaft schlechthin: kein Leben ist so arm, keine Not so groß, als das nicht etwas Neues und Überraschendes entstehen kann. Und: diese Nachricht ist nicht abgehoben und fern der Realität, sondern eingebettet in die Lebenswirklichkeit.

Vor 100 Jahren in die Tragödie des Krieges und heute?

Stimmen der Unzufriedenheit und des Frustes mischen sich mit undifferenziertem Gerede von Überfremdung in einem Bundesland, in dem es kaum Fremde gibt. In Dresden werden Weihnachtslieder als Bollwerk zu anderen Religionen und Kulturen missbraucht.

Und wir hören heute die Botschaft vom Frieden, die zu der Zeit geschah, da Quirinius Statthalter in Syrien (!) war – und König Herodes so sehr um einen Machtverlust durch dieses Kind fürchtete, dass er anordnete, die Neugeborenen in Bethlehem zu töten. Die junge Familie flieht. Gott in Christus wird Flüchtling -  eine Migrantenfamilie sucht in Ägypten Asyl.

Doch in der Nacht der Geburt des Christuskindes setzte Gott einen neuen Anfang. In dieser Nacht wird das Samkorn des Friedens in die Welt und in die Herzen der Menschen gepflanzt. Und es wächst und wird groß.

Als erwachsener Mann zeigte Christus Wege, die aus der eigenen Angst und Unzufriedenheit heraus führen.

Er brachte Menschen zusammen, die sich fremd waren.

Er führte aus der Sprachlosigkeit heraus und ermutigte, aufeinander zu zugehen.

Er stiftete Gemeinschaft zwischen denen, die sich Feind waren.

Wenn wir also am Heiligen Abend Jahr für Jahr zusammen kommen, dann sollen die vertrauten Worte und das Betrachten der Krippe uns einen  neuen Weg eröffnen, mit dem, was uns belastet, um zugehen.

Die Botschaft, die Christus mit seinem Leben brachte, zeigt: Es gibt immer einen Weg, mit  Angst und Frust so umzugehen, dass ich sie tatsächlich los werde.

Wenn ich sie auf andere Menschen übertrage oder gar die Schuld bei ihnen suche, dann verschwinden weder Angst noch Frust. Und Fremde bleiben ewig Fremde.

Seit der ersten heiligen Nacht aber wird die Welt vom Willen Gottes durchwebt. „Frieden auf Erden“. Und alle, die es hören, werden zu einer Gemeinschaft derer, die sich nach Frieden sehnen.

Eine Sehnsuchtsgemeinschaft. Die über die Gegenwart hinaus blickt. Die auf eine Zukunft in Versöhnung setzt.

Eine Hoffnungsgemeinschaft, die sich von Gottes Liebe berühren lässt und daran glaubt, dass jederzeit Frieden Wirklichkeit werden kann.

Eine Weggemeinschaft, die beharrlich Schritte aufeinander zu wagt.

Gott kommt in diese Welt.

Genau jetzt erklingt seine Botschaft rund um den Erdball.

Frieden auf Erden.

Gesprochen und gesungen,

in den verschiedensten Sprachen.

Frieden auf Erden.

Peace on earth,

paix sur la terre,

schalom.

Gott behüte uns alle auf dem Weg des Friedens durch unsere Zeit. Amen.

Pieta
Dom Halberstadt innen

Fotos: Martin Saß

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