Wache Augen, schneller Verstand

22. Jul 2020

Am 18. Juli 2020 verstarb Pastorin Elisabeth Betcke wenige Wochen nach ihrem 101. Geburtstag in Halberstadt.
Geboren am 24. Juni 1919 in Berlin Friedenau in einem Pfarrhaus wuchs sie zusammen mit drei jüngeren Geschwistern behütet auf, ließ sich zur Krankenschwester ausbilden und führte später selbst Schwesternschülerinnen zum Examen. 1958 musste sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf aufgeben, heirate den verwitweten Pfarrer Betcke aus Ströbeck und für sie begann „eine wunderbare Zeit als Pfarrfrau“. Als ihr Mann nach nur sechsjähriger Ehe verstarb, übernahm sie viele Aufgaben in der Gemeinde und hielt Lesepredigten, wobei sie oft „lieber etwas völlig anderes gesagt hätte“. Deshalb absolvierte sie den kirchlichen Fernunterricht und wurde 1970 in der Ströbecker Kirche zum Pfarrdienst ordiniert und blieb dort noch 22 Jahre im Amt.

„Nebenbei“ hat sie – zunächst noch zusammen mit ihrem Mann – acht Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen, die unterschiedlich lange dort lebten. Alle aus sozial schwachen Verhältnissen kommend fanden bei ihr ein liebevolles Zuhause, der Älteste lebt noch heute mit im Pfarrhaus, zusammen mit seiner Frau und drei Kindern. Auch zu den anderen hielt sie bis zu ihrem Lebensende Kontakt: „Sie sind nur aus dem Haus, aber nicht aus meinem Leben.“
Für ihr soziales Engagement wurde ihr 1993 das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Aufsehen erregte sie im Alter von 96 Jahren bei der Fernsehshow „Deal or No Deal“, wo sie ohne jegliches Lampenfieber mit ihren schlagfertigen Sprüchen begeisterte und 17.300 € gewann. Das Geld sollte ihrer Familie zugute kommen und als Rücklage für ihre Beerdigung dienen.

Die Ethik von Albert Schweitzer „Lehre der Ehrfurcht vor dem Leben“ waren für das Handeln von Elisabeth Betcke bedeutsam. „Mit dem Herzen zu denken, ist die rechte Art für die Menschen.“ Bis ins hohe Alter blieb sie neugierig auf die Angebote, die ihr das Leben machte.

Nun hat sich ihr Leben vollendet. Der Trauergottesdienst ist am Sonnabend, dem 1. August 2020, um 10 Uhr in der Ströbecker Kirche.

Ursula Meckel