Nachruf für Propst i.R. Heinrich Hamel

25. Feb 2019

Erinnerung an Heinrich Hamel - *05.07.1940 – 28.01.2019

Den Menschen war er immer zugewandt, ob Christ oder Atheist. Im Alter von 78 Jahren ist Heinrich Hamel gestorben, dem die Wernigeröder viel verdanken. Eine große Gemeinde hat am 22. Februar 2019 in der Johanniskirche Abschied genommen. 1986 wurde er Pfarrer der Johannisgemeinde und kurze Zeit später auch Superintendent des damaligen Kirchenkreises Wernigerode. Seinen Dienst in der Kirche verstand er immer auch als einen Dienst in der Gesellschaft.

Das zeigte sich besonders während der Friedlichen Revolution. Den Aufruf der SED-Genossen der Kreisleitung, sich an der Kommunalwahl im Mai 1989 aktiv zu beteiligen, nahm er ernst. Es gelang ihm, ein öffentliches Wahlforum einzurichten, bei dem die Staatsfunktionäre Rede und Antwort geben mussten. Die dann gefälschte Wahl wurde zu einer der Auslöser für die „Wende“ in der DDR.

Im September 1989 forderte der „Friedenskreis“ in der „Kontaktlinse“ am Oberpfarrkirchhof auch in Wernigerode das „Neue Forum“. Zu seiner Gründung wurde für den 11. Oktober in das Altenheim Harzfriede im Mühlental aufgerufen. Als sich der dortige Saal als zu klein erwies, stellte Heinrich Hamel die Johanniskirche zur Verfügung. Nach dem ausführlichen Stasi-Bericht zogen daraufhin rund 800 Personen durch die Innenstadt zur Kirche. Fast 200 von ihnen unterschrieben den Gründungsaufruf des „Neuen Forum“.

Es ist das Verdienst von Heinrich Hamel, dass in den Wirren von Rücktritt des Staatsrates, Öffnung der Mauer, Demonstrationen auf dem Marktplatz und zur Stasi-Zentrale in der Goethestraße auch in Wernigerode ein „Runder Tisch“ entstand, den er leitete und der wesentlich zur demokratischen Erneuerung beitrug. Hier mahnte er zu Besonnenheit und Wahrheit.

Von 2004 bis 2010 war Heinrich Hamel auch Stadtrat und übernahm damit Verantwortung für die weitere Entwicklung der Stadt. Zeitweise war er als stellvertretender Stadtratspräsident für die Leitung des Gremiums verantwortlich. Sein Engagement galt besonders der Kultur und der sozialen Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Als musischem Menschen lag ihm viel an der Stabilisierung und Förderung des Philharmonischen Kammerorchesters.

Nicht vergessen ist sein Engagement bei der Erinnerung an Mitbürger, die in nationalsozialistischer Zeit verfolgt, vertrieben und getötet wurden. Mit unermüdlichem Einsatz hat er sorgfältig alle Daten ehemaliger Juden zusammengetragen und damit schließlich auch im Stadtrat erreicht, dass in Wernigerode Stolpersteine zum Gedenken an frühere Mitbürger verlegt werden konnten.

Für manchen war er ein unbequemer Gesprächspartner. Er konnte auch anecken. Doch war er sachorientiert und konsequent im Denken und Handeln. Seinen Weg ging er aufrecht, immer nach der Wahrheit suchend und für Gerechtigkeit eintretend. Als aufrechten Christen und engagierten Demokraten wird er vielen Wernigerödern dankbar in Erinnerung bleiben.

Peter Lehmann