Jugendliche Visionen

28. Apr 2023

Protest ist wichtig. Ich halte das Tun der „Klimaaktivisten“ tatsächlich für ein prophetisches Tun.

Das muss wehtun, denke ich: Die Hand festgeklebt auf dem Asphalt der Straße. Und gefährlich ist es auch, denke ich, nicht nur bis das erste Auto hält. Sondern gefährlich wird es, wenn der Stau länger dauert, die ersten Autofahrer aussteigen und ihrem Unmut freien Raum lassen.

Das braucht also Mut, denke ich. Was die Klimaaktivisten tun, ist mutig! Nur, frage ich mich, hilft es auch der Sache, für die sie sich auf den Straßen in Berlin, Magdeburg und anderswo festkleben?

Die „Stimmung ist am Kipppunkt“ lese ich im Kommentar einer Zeitung. Und ich denke: Das ist noch freundlich formuliert. Andere versteigen sich darin, die jungen Menschen in die Nähe des Terrorismus zu stellen. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man augenzwinkernd sagen: Das Klima der Debatte um den Protest auf der Straße ist mittlerweile so aufgeheizt wie das der Erde.

Als Mensch der Kirche schlage ich meine Bibel auf. Ich lese dort: „Eure Söhne und Töchter werden als Propheten reden. Eure jungen Männer werden Visionen haben.“ Das ist eine alte Verheißung. Nach Jesu Auferstehung hören die Menschen sie ein zweites Mal am ersten Pfingstfest. Ich denke: Gott will also, dass unsere Kinder Visionen haben. Und ich denke: Gott ist es offenbar wichtig, dass die jeweils nächste Generation hinterfragt, was sie sieht und erlebt.

Eine der Aktivistinnen sagt: „Wir müssen den Alltag überall unterbrechen, denn die Bundesregierung kommt ihrer Pflicht aus der Verfassung nicht nach, unsere Lebensgrundlage zu schützen. Deswegen finde ich, ist unser Protest verhältnismäßig. Wir setzten uns für unser Überleben ein.“

Ich denke: Sie haben ja so recht, all die Gruppierungen, die für bessere Klimapolitik kämpfen. Nur schade, dass sie mit ihrer Radikalität Unmut produzieren. Illegale Straßenblockaden und das Beschmieren von Gemälden helfen jedenfalls nicht. Wenn die „Letzte Generation“ wirklich etwas bewegen will, sollte sie Protestformen finden, mit denen sich eine Mehrheit identifizieren kann. Die Schulstreiks von „Fridays for Future“ hatten das geschafft, ehe sie pandemiebedingt abebbten.

Ich lese noch einmal die Verheißung aus der Bibel. Und ich denke, es ist gut, wenn Jugendliche das Bewusstsein in sich tragen: Wir sind für die Gesellschaft wichtig und wir tun, was wir für richtig erachten. Eine Demokratie sollte den Protest aushalten können, ohne die jungen Menschen zu kriminalisieren. Und ich denke: Wir müssen mehr auf unsere Jugend hören.

Jürgen Schilling