Jesus ist kein Spielverderber

14. Jan 2022

Hat die Kirche nur ein Wort für die Traurigen? Haben sich die Fröhlichen abgewandt, weil ihnen dieser Jesus auf dem Fest vorenthalten wurde?

Dass Alkohol nicht nur eine nette Bereicherung von Feierlichkeiten ist, sondern gefährlich, ja lebensgefährlich, das wissen inzwischen mehr Menschen als ihnen lieb ist.

Umso verwunderlicher: Die biblische Geschichte von der Hochzeit in Kana beschreibt das erste öffentliche Auftreten von Jesus, hier zeigt er sich zum ersten Mal mit einem Wunder in der Öffentlichkeit: Er verwandelt Wasser in Wein (Johannes 2; 1 – 12).

Warum muss er ausgerechnet als erstes Wunder für den feuchtfröhlichen Fortgang einer Feierei sorgen?
Die christliche Gemeinde kennt Jesus wohl auch nicht richtig von dieser Seite. Er ist bekannt als derjenige, der die Mühseligen und Beladenen ruft, der sich der Ausgestoßenen und Zu – Kurz – Gekommenen annimmt, der Verachteten, Ausgesetzten und Gescheiterten. Und dort ist er auch.

Ich glaube allerdings, dass das andere genauso wichtig ist: Jesus ist auch in der Freude mit dabei.
Hat die Kirche nur ein Wort für die Traurigen? Haben sich die Fröhlichen abgewandt, weil ihnen dieser Jesus auf dem Fest vorenthalten wurde?

Jesus ist kein finsterer Asket, kein grämlicher Spielverderber. Er beginnt sein Wirken dort, wo Menschen fröhlich und ausgelassen beieinander sind, auf einem Fest der Lebensfreude.

Vielleicht ist das sogar ein kennzeichnendes Wunder für Jesus; ausgerechnet diese peinliche Weingeschichte auf einer orientalischen Hochzeit, wo es hoch hergeht und die Tischgespräche sich eher um Wein drehen und nicht gerade um fromme Dinge kreisen.
Das zeigt: Jesus ist in die wirkliche, alltägliche Welt hineingekommen. Er lässt sich nicht abschieben in die feierlichen und nur frommen Zusammenkünfte und Stimmungen. Sein Platz ist nicht nur in der festlichen Kirche, nicht ausschließlich in andächtigen Herzen.

Sein Platz ist mitten im alltäglichen Leben und das von Geburt an. Allerdings entspricht vieles nicht dem Geschmack der meisten Menschen: Weder die Krippe noch der Gottessohn am Kreuz.

Und zwischen Krippe und Kreuz ist es immerzu genauso: Wir treffen Jesus an bei den Aussätzigen, bei Ausgegrenzten und Verachteten, Traurigen. In den Evangelien ist es nachzulesen: Jesus befindet sich andauernd in unmöglicher, anstößiger Gesellschaft.

Das geht auch gar nicht anders. Wenn Gott den Menschen nahe sein will, kommt er zwangsläufig in blamable und banale Umweltverhältnisse; so leben Menschen eben. Es wechseln Freude und Leid, erhebende und höchst niederschmetternde Stunden, es gibt Höhenflüge und Katastrophen.

Jesus ist mitten darin, an strahlenden Tagen ebenso wie am bitteren Ende. Es gibt nichts, was zu groß oder zu schwer und auch nichts, was zu klein oder zu unwichtig für ihn wäre.

Jesus ist keine Verzierung für festliche Stunden. Er ist bei uns ALLE TAGE – und das ist gut so.

Ursula Meckel