Krieg darf um Gottes willen nicht sein!

29. Apr 2022

Unsere Gebete werden den Krieg zwar nicht gleich beenden. Aber sie verändern uns selbst. Und damit auch unsere Umwelt. Darin liegt die Hoffnung.

Fassungslos stehe ich vor dem Supermarktregal und suche die Mehltüten. Eigentlich wollte ich heute auch Olivenöl kaufen, doch auch dieser Regalplatz ist wie leergefegt. Zum Glück ist zu Hause noch ausreichend Toilettenpapier.
Die Hamsterkäufe sind Ausdruck unserer Sorge. Sorge um den Frieden. Seit nunmehr zwei Monaten erreichen uns die Nachrichten aus der Ukraine. Es sind schlimme Nachrichten. Wir hören von den Menschen in den Kellern von Mariupol. Wir sehen die Leichen auf den Straßen in Butscha. Wir schauen in ängstliche oder auch abgehärtete Gesichter von Soldaten.

In der DDR habe ich den Waffendienst verweigert und war Bausoldat. „Krieg darf um Gottes willen nicht sein!“, das habe ich einmal gelernt. „Frieden schaffen ohne Waffen!“, das habe ich tief verinnerlicht. Und jetzt?

Wir Christen stehen in einem Dilemma. Frieden ist ein Kernthema der Kirchen. Jesus sagt: „Liebt eure Feinde!“ Und: „Wer dich auf die eine Wange schlägt, dem biete auch die andere dar.“ Waffen töten. Waffen eskalieren die Gewalt. Waffen schaffen keinen Frieden! Für Frieden braucht es Diplomatie, in die Augen schauen, den anderen verstehen wollen.

Nun war aber bei diesem Machtmenschen Putin alle Diplomatie umsonst! Was jetzt? Seine Soldaten bringen so viel Tod und Elend und Zerstörung, viele von ihnen sterben selbst. In dieser Situation lediglich „die Opfer unter dem Rad zu verbinden“ – in unserem Fall: die Geflüchteten aufnehmen –, reicht nicht aus, es muss jemand „dem Rad selbst in die Speichen fallen“ (D. Bonhoeffer).

Ich versuche, das Dilemma auszuhalten. Ich bin dankbar, dass es Soldatinnen und Soldaten gibt, die dazu bereit sind, das Leben zu verteidigen. Ich denke, es ist richtig, ihnen gute Waffen für ihre Verteidigung zu geben. Zugleich plädiere ich weiterhin dafür, dass wir uns nicht dem Hass und auch nicht der Militärlogik ergeben. Wir brauchen Wege zum Frieden ohne Gewalt.

Und ich bete. Ich meine, wir Christenmenschen sollten mit der gleichen Leidenschaft beten, mit der manche Leute Mehl und Olivenöl hamstern. Unsere Gebete werden den Krieg zwar nicht gleich beenden. Aber sie verändern uns selbst. Und damit auch unsere Umwelt. Darin liegt die Hoffnung.

Jürgen Schilling