Was uns gut tut

12. Aug 2022

Sommer! Unsere Füße stecken in Sandalen, der Blick sucht die nächste Eisdiele, die Parkbank im Schatten lädt zum Innehalten ein.


Der Sommer schenkt uns die Gelegenheit, um aus der Routine auszusteigen und „die Seele baumeln“ zu lassen. Wir haben Zeit für Dinge, die übers Jahr aufgrund der alltäglichen Pflichten zu kurz kommen.

Nur kann ich die baumelnde Seele im Reisebüro aber leider nicht gleich mitbuchen. Nicht immer komme ich so erholt wieder, wie zuvor erhofft. Hätten es vielleicht doch drei statt zwei Wochen sein sollen? Wäre ein Urlaub an der Ostsee vielleicht doch die bessere Wahl gewesen statt der Reise nach Venedig? Wie schafft es die Kollegin, nach nur einer Woche Wandern im Allgäu so unverschämt zufrieden auszusehen?

Klar ist: Wir Menschen brauchen eine gute Balance zwischen Anspannung und Entspannung. Dem Sommerurlaub kommt da eine große Bedeutung zu. Nur können zwei Wochen mit Sonnenhut das erbringen, was ich sonst das Jahr über nicht unter einen Hut kriege, nämlich Arbeit und Erholung?

Unser Leben vollzieht sich in Rhythmen. Wenn es gut geht, gelingt der Wechsel von An- und Entspannung von allein und es gibt einen Ausgleich zwischen Arbeit und Ruhe, Geben und Nehmen, Eindrücke sammeln und Eindrücke verarbeiten können. Gestatten wir uns aber zu selten Zeiten des Müßiggangs oder fokussieren uns allein auf den Sommerurlaub als Ausgleich für die Anforderungen des Alltags, droht das Leben aus dem Takt zu geraten.

In der Bibel, im Prediger Salomo, heißt es dazu voller Weisheit: „Ein Jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ Und dann wird aufgezählt, wo überall das Leben Gegenstücke kennt: Zum Pflanzen gehört das Ausreißen der Pflanze, zum Lachen das Weinen, zum Klagen das Tanzen, zum Suchen das Finden und zum Geboren werden das Sterben.

Ein guter Rhythmus ist dann gegeben, wenn ich auch der jeweils anderen Seite meine Achtsamkeit widme. Nicht nur im Urlaub, sondern auch unterm Jahr. Denn einer gehetzten Seele kann auch der Urlaub nicht ausreichend helfen.

Deshalb im Übrigen halten wir als Kirche am Sonntag als verkaufsfreiem Tag fest. Ohne die Sonntagsruhe gäbe es nur Werktage. Es wäre dann deutlich schwieriger, der Seele das Baumeln zu ermöglichen. Das mag ich mir gar nicht vorstellen.

Jürgen Schilling