Kopf hoch – und den Himmel offen sehen

03. Dez 2021

Schreckensbilder hat die Welt genug. Aber ausgerechnet am 4. Dezember hält sie auch ein Hoffnungsbild bereit:

Schreckensbilder hat die Welt genug – von Kriegen, die ganze Generationen traumatisieren, von Naturkatastrophen, die Lebensgrundlagen zerstören, von Menschen, die auf der verzweifelten Suche nach einem besseren Leben einen hohen Preis bezahlen. Diese Bilder haben eine Sogwirkung. Man würde gerne wegschauen, aber sie ziehen einen in den Bann. Je länger man hinschaut, desto mehr Schreckensbilder tauchen auf. Der Kopf hängt runter, die Schultern werden schwer, der Blick ist auf den Boden gerichtet.

Manche schauen nach unten, um nicht über die eigenen Füße zu stolpern, wenn die Kraft ausgeht. Andere werden nach unten gedrückt – von Sorgen, weil zur Monatsmitte das Geld schon wieder zur Neige geht, von Einsamkeit, weil wohl auch in diesem Jahr kein großes Beisammensein zu Weihnachten in den Familien möglich sein wird, von Antriebslosigkeit, weil die Unbeschwertheit im Laufe der letzten Monate verlorengegangen ist. Ach, wenn doch nur endlich der Himmel aufreißen würde und Hoffnungslichter auf den Boden fallen würden!

Schreckensbilder hat die Welt genug. Aber ausgerechnet am 4. Dezember hält sie auch ein Hoffnungsbild bereit: Wer heute den Zweig eines Obstbaums in einer Vase an einen warmen Ort stellt, der hat gute Chancen, dass dieser Zweig um Weihnachten herum blüht. Mitten im Winter, wenn das braune Laub durch die Straßen weht und die Bäume kahl sind, bringen die Barbarazweige Farbe ins Spiel. Sie machen Hoffnung: Auf den Winter werden Frühling und Sommer folgen.

„Richtet euch auf! Hebt den Kopf! Ich komme bald.“, sagt Jesus. Dann wird der Himmel sperrangelweit offenstehen. Bis dahin ist er wenigstens ein Stück weit offen: Menschen nehmen sich Zeit, um anderen ein offenes Ohr zu leihen und einander Gesellschaft zu leisten. Sie sprechen sich mutmachende Worte zu. Freunde liegen sich in den Armen und der feste Druck ihrer Umarmung sagt so viel mehr als Worte es könnten. Lachfalten zieren die Gesichter der Menschen. Das Leuchten der Kerzen, Sterne und Schwibbögen hellt so manchen dunklen Gedanken auf. Kopf hoch! Dann kann man es jetzt schon erahnen: Wie die Knospen der Barbarazweige ein Ausblick auf den Frühling mit seinen bunten Farben sind, so reißt der Himmel schon jetzt ab und an auf und gibt den Blick auf Hoffnungslichter frei.

Saskia Lieske


Dr. Saskia Lieske

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