Jesus am Küchentisch

30. Dez 2021

Die Pandemie macht auch uns als Kirche zu schaffen. Uns Christen ist die Gemeinschaft sehr wichtig, Abstand halten und Kontakte begrenzen sind unsere Sache nicht.

Die Pandemie macht auch uns als Kirche zu schaffen. Uns Christen ist die Gemeinschaft sehr wichtig, Abstand halten und Kontakte begrenzen sind unsere Sache nicht. Wir singen gern, hinter einer Maske ist das anstrengend. Beim Abendmahl Brot und Wein teilen, unter Coronabedingungen bleibt das eine Herausforderung.

Zu Heiligabend gab es ein weiteres Dilemma: Der Besuch der vielen Menschen war in den meisten Kirchen nur möglich, indem vorab Eintrittskarten ausgegeben wurden (kostenlos) oder aber eine der G-Regeln galt. Das brachte manchen Gemeindekirchenrat in heftige Diskussionen. Der Vorwurf: Jesus habe doch alle zu sich eingeladen (siehe Mt. 11,28), ohne Unterschied...

Die Losung für das kommende Jahr könnte die Diskussion erneuern: „Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Joh 6,37). Jesus sagt diesen Satz, nachdem er fünftausend Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen satt gemacht hat.

Jesu Worte sind Zusage und Auftrag. Sie sind eine Zusage, weil Jesus tatsächlich niemanden abweist. Mehr noch: Er kriegt uns sogar alle satt. Wie geschieht das Wunder? Die Pointe besteht nicht darin, dass hier einer die Naturgesetze durchbricht. Das Wunderbare besteht darin, dass Jesus etwas auslöst, das satt macht. Jesus versteht es, etwas in mir anzusprechen, das mich mehr auszufüllen vermag als es etwas Essbares je könnte.

In der Jahreslosung enthalten ist zugleich ein Auftrag. Denn es genügt nicht, Menschen zu erzählen, dass Jesus alle willkommen heißt. Das ist nur die äußere Hülle der christlichen Botschaft. Sie bleibt leer, wenn nicht auch wir unsere Mitmenschen seelisch, geistig und körperlich „satt“ machen. Es ist Christenpflicht, menschliche Not zu wenden bzw. zu lindern.

Das im Übrigen ist einer der Gründe, warum der Kreiskirchenrat erklärt hat, Impfen sei ein Ausdruck von Nächstenliebe: „Wir beklagen die vielen Menschen, die an und mit einer Covid-Erkrankung sterben. … Unsere Gesellschaft braucht den höchstmöglichen Schutz aller. Darum rufen wir zum Impfen auf.“

Deshalb auch halten wir uns in den Kirchen an die Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen, selbst wenn es wie zu Heiligabend bedeutet, dass wir den Einlass begrenzen müssen.

Die Einladung Jesu bleibt davon unberührt. Schließlich lässt sich Jesus nicht auf Kirchengebäude und Gottesdienste begrenzen. Er kommt auch nach Hause und sitzt mit am Küchentisch. Vielleicht ist er ja schon dabei, wenn Sie das nächste Mal seinem Auftrag nachgehen und an der Wohnungstür Ihres kranken Nachbarn klingeln?

Ich wünsche Ihnen ein segensreiches Jahr 2022!
Ihr Superintendent Jürgen Schilling