Wünsche tauschen

13. Dez 2019

Die Wurzeln unserer Wünsche stecken – ich will es einmal so ausdrücken: im Himmel. Ich meine den Himmel, der mir den Glauben schenkt.

Das wird nie vergolten und niemals heimgezahlt: Ein freundlicher und ernst gemeinter, guter und vielleicht sogar herzlicher Wunsch. Für viele besteht die Adventszeit auch aus Wünschen, solchen, die man sich selbst auferlegt und gerne auch erfüllt (ein schönes Menü für die Festtage ausdenken und vorbereiten zum Beispiel), und solchen, die man anderen mitteilt – angefangen vom kindlichen Wunschzettel bis hin zum Wünsche-Nennen bei Verwandten, die sich bereit erklären, zu Weihnachten Wünsche zu erfüllen. Und weil die Wünsche frei sind, das heißt, sie müssen nicht mit einem Gegenangebot verbunden werden, darum sind sie eine gerne geübte Weise, sich in der Festzeit eine Freude zu machen. Der Wunsch will wohlüberlegt sein, und auch die Erfüllung des Wunsches gelingt dann am besten, wenn sie zu Schenkendem und Beschenktem zugleich passt. Wünsche tauschen ist für viele immer noch ganz willkommen, denn jetzt, in diesen Tagen, darf man sich mal was wünschen, wenn ansonsten alles immer selbstverständlich ist, was man für einander tut und füreinander übrig hat. Die Wurzeln unserer Wünsche stecken – ich will es einmal so ausdrücken: im Himmel. Ich meine den Himmel, der mir den Glauben schenkt. Den kann man auch anders nennen: Christkind, Gottessohn, Herrlichkeit, Frieden, Heil und Segen. Dort stecken unsere Wünsche. Wir entdecken sie in uns plötzlich, weil sie dort jemand heimlich eingepflanzt hat. Und meistens erkennen wir sie daran, dass diese Wünsche uns gut tun. Sie kommen wohl nicht aus der eigenen Vernunft oder dem eigenen Vermögen – wer hat schon Lust, sich Wünsche zu erfüllen mit dem, worüber er sowieso schon verfügt – sondern sie kommen aus einer anderen Welt, sagen wir also vorweihnachtlich: Aus Gottes Herzen. Dort werden unsere Wünsche geboren, dort haben sie ihre Wurzeln, dort gedeihen sie am besten. Und dann geschieht das: Es werden Geschenke ausgetauscht an Heilig Abend und manch einer ist erstaunt, was er geschenkt bekommt: „Ach ja, das hatte ich dir im Sommer ja gesagt, dass ich mir das wünsche. Hatte ich schon wieder vergessen!“ Aus dem Wunsch wird eine Überraschung, die gut tut. Noch ein Grund mehr, fest darauf zu setzen, dass Wünsche nicht einfach eine Sache der gewöhnlichen Geschäftsabläufe sind. Es ist deswegen nicht nur erlaubt sondern sogar geboten, Wünsche auszutauschen: „Gib mir deinen Wunsch, ich sag dir meinen. Lass mich wissen, wovon du träumst, ich zeige dir meine Träume. Ich wünsche mir etwas und das versetzt mich in die Lage, auch deinen Wunsch gerne anzunehmen.“ Wer sich selbst nichts wünscht, verliert mit der Zeit auch den Blick für die Wünsche der anderen. Manch alte Weihnachtsgeschichte erzählt davon, dass Menschen griesgrämig werden, weil sie sich selbst keinen Wunsch mehr gönnen. Dass wir Wünsche tauschen, ist ein stiller Vorgang. Er soll ja kein Handel daraus werden. Die Erfüllung von Wünschen mit bestimmten, außergewöhnlichen Vorleistungen des Artig- und Folgsam-Seins zu verbinden – eine Praxis, die verkleidete Weihnachtsmänner gerne üben, an den Erfolg aber selbst nicht glauben – führt auf die falsche Fährte. Wünsche werden auch wahr, wenn nichts stimmt. Und das liegt an den schönen, himmlischen Umständen, denen wir unsere Wünsche verdanken. Ich wünsche Ihnen Wunsch-selige Tage im Advent!

Christoph Carstens
Pfarrer in Quedlinburg und Westerhausen